Der Kleine Fuchs (Aglais urticae) - Verpuppung und Schlupf
Der Kleine Fuchs (Aglais urticae) ist einer der häufigsten Tagfalter aus der Familie der Edelfalter (Nymphalidae). In Mitteleuropa bildet der Kleine Fuchs 2 bis 3 Generationen pro Jahr. Überwinterte Falter der letzten Generation können an sonnigen Tagen schon im zeitigen Frühjahr beobachtet werden (Bild 1).
Das Weibchen des Kleinen Fuchses legt seine Eier hauptsächlich an der Großen Brennnessel (Urtica dioica) ab. Dort entwickeln sich die Jungraupen, die zunächst gesellig in Gespinsten leben (Bild 2) und sich später in die Umgebung ausbreiten. Bild 3 zeigt eine ausgewachsene Raupe, die sich auf einem Brennnesselblatt sonnt.
Diese habe ich am 10. Mai gemeinsam mit einigen weiteren Raupen, die sich ebenfalls auf den oberen Blättern von Brennnesseln sonnten, gefunden und drei von ihnen mitgenommen. Die in einem Zuchtgefäß untergebrachten Raupen waren sehr wanderfreudig und immer hungrig. Sie haben in den folgenden Tagen mit großem Appetit einige frische Brennnesselblattlieferungen verspeist. Einmal sind zwei Raupen gleichzeitig am oberen Rand des Zuchtgefäßes rundherum marschiert. Da die eine der anderen Raupe den Weg versperrte, wurde sie ins Hinterteil gebissen und stürzte ab. Ansonsten lebten die Raupen friedlich zusammen und konzentrierten sich auf das Fressen.
Die im Zuchtgefäß als Verpuppungshilfe angebotenen Äste sind beim Raupen-TÜV durchgefallen und wurden nicht genutzt. In den Nachmittagsstunden des 14. Mai hatten sich 2 der 3 Raupen am Deckel des Zuchtgefäßes festgesponnen und machten erste Hängeübungen. Die 3. Raupe war noch damit beschäftigt eine sichere Befestigung zu erzeugen. Abends hingen alle Raupen kopfunter am Deckel. Da sie am nächsten Morgen noch nicht verpuppt waren, habe ich den Deckel vorsichtig entfernt und einen provisorischen Aufbau zum Fotografieren erstellt. Bild 4 zeigt die drei verpuppungsbereiten Raupen ca. 100 min vor der Verpuppung der ersten Raupe.
Trotz häufiger Kontrolle habe ich den Verpuppungsbeginn der ersten Raupe verpasst. Als ich wieder nachschaute, war diese bereits verpuppt (Bild 5) und machte einige Schaukelbewegungen um die abgestreifte Raupenhaut loszuwerden.
In der Hoffnung, dass die zweite Raupe der ersten folgt, habe ich den Fotoapparat auf diese ausgerichtet und gewartet. Die zweite Raupe begann glücklicherweise fast sofort mit der Verpuppung, die in den nachfolgenden Bildern 6 - 8 gezeigt wird. Leider waren die Lichtbedingungen sehr schlecht, da ich, um die Raupen nicht zu stören, kein Blitzlicht verwenden konnte.
Das erste oder, besser gesagt, letzte Bild der zweiten Raupe entstand einige Minuten vor der Verpuppung. Deshalb beginnt die Zeitskala auf Bild 6 erst beim zweiten Teilbild. Nach ca. 5 Minuten war die zweite Raupe verpuppt. Bemerkenswert finde ich die große, schon in den ersten 2 Minuten abgeschlossene Gestaltänderung zur im Vergleich zur Raupe deutlich kürzeren und breiteren Puppe.
Die dritte Raupe hat sich einige Stunden später verpuppt. Das Ereignis habe ich leider wieder verpasst.
Nach knapp 12 Tagen Puppenruhe waren am frühen Morgen des 27. Mai die ersten beiden Falter geschlüpft (Bild 9). Sie hatten ihre Flügel bereits entfaltet und hingen an den leeren Puppenhüllen. Um den Schlupf des dritten Falters beobachten zu können, habe ich den Deckel mit den ersten Faltern und der Puppe vorsichtig zum Balkon transportiert und dort in eine kameragerechte Position gebracht. Nach einer Erholungspause zum Aushärten der Flügel flogen die ersten beiden Kleinen Füchse rechtzeitig vor dem Schlupf des dritten Falters in die Freiheit. Bild 10 zeigt den ersten Falter bei der Vorbereitung zum Start, der gegen 9:40 Uhr erfolgte.
Beim Vergleich der frischen Puppe von Bild 5 mit der vom ersten Teilbild von Bild 11 fällt sofort auf, dass sich während der Puppenruhe die Färbung der Puppe geändert hat. Die frische Puppe ist zartgrün und zeigt noch die gelben Streifen der Raupe. Diese sind während der Puppenruhe verschwunden. Kurz vor dem Schlupf schimmert in Bild 11 das auffällige Flügelmuster des Kleinen Fuchses durch die Puppenhülle durch.
Auch im vergangenen Jahr hatte ich einen Kleinen Fuchs gezüchtet. Dieser hatte ebenfalls die angebotenen Äste verschmäht und sich zur Verpuppung an den Deckel des Zuchtgefäßes gehängt. Etwa eine halbe bis eine Stunde vor dem Schlupf war plötzlich ein lautes Klappern auf dem Fensterbrett zu hören. Als ich nach der Ursache suchte, sah ich die Puppe wild hin- und herschaukeln. Das klappernde Geräusch wurde durch das Anschlagen der Puppe am Gefäßdeckel erzeugt. Da sich der Vorgang mit kurzen Zwischenpausen mehrmals wiederholte, hatte ich die Gelegenheit genutzt und mit dem Handy ein Freihand-Video aufgenommen.
Dieses im vergangenen Jahr beobachtete Verhalten der Puppe war der Grund dafür, in diesem Jahr nochmal Raupen mitzunehmen. Die letzte Puppe von diesem Jahr, die genauso wie die Vorjahrespuppe am Deckel befestigt war, hat dieses hyperaktive Verhalten nicht gezeigt und sich kurz vor dem Schlupf nur geringfügig bewegt.
Gegen 10:30 Uhr war es soweit. Die Puppenhülle platzte auf und der dritte Falter begann sich vorsichtig zu befreien. Auf Bild 12 ist gut zu erkennen, dass sein frisch eingerollter Rüssel eigentlich aus 2 Teilen besteht. Der Falter schlüpfte ganz aus der Puppenhülle und machte eine gekonnte Wende, um sich anschließend an der Puppenhülle festzuhalten (Bild 13). Die Bilder 14 und 15 zeigen den Falter beim Aufpumpen der Flügel. Dazu wird Hämolymphe in die Adern gepumpt. Nach dem Aufpumpen müssen die weichen Flügel noch eine Weile aushärten (Bild 16). Insgesamt hat das Aufpumpen und Aushärten der Flügel etwa zweieinhalb Stunden gedauert. Kurz nach 13 Uhr ist der letzte Kleine Fuchs abgeflogen.